Im späten neunten Jahrhunderts begann Islands Besiedelung durch die Wikinger, vornehmlich von der Westküste Norwegens. (Erste Ansiedlung war übrigens 874 Reykjavík, die „Rauchbucht“; zwischen Hafen und Tjörnin, also im heutigen Zentrum der Stadt.) Diese brachten ihre eigene Bauweise und –techniken nach Island mit. Dieser Zwang, ausländische Methoden importieren zu müssen (auch lange die Ausbildung der Handwerker und Architekten in Europa oder den USA) und diese dann geschickt anzupassen, ist Stärke und Schwäche zugleich. Die Architektur spiegelt damit aber auch die Individualität und den Drang der Isländer, ins Ausland zu schauen.
Das ursprüngliche Bauernhaus bestand aus einem etwa dreißig Meter langen und sechs Meter breiten einzigen Raum, die Feuerstelle in der Mitte, in dem das ganze Leben der Familie stattfand. Dieser wurde im Laufe der Jahrhunderte in mehrere Räume aufgeteilt und angebaut. Es waren hauptsächlich Torfgebäude, die nach traditioneller Bauweise folgendermaßen errichtet wurden: Zuerst wurden die Außenwände aus Torf errichtet, dann aus Treibholz oder importierten Holz das Grundgerüst für das Dach, bis ins 18. Jahrhundert hinein eine Stabkonstruktion. Das Dach wurde dann mit Reisig (oder Steinplatten) gedeckt und dann mit Torf überdeckt. In einer äußeren Torfschicht sind also Holzhäuser bzw. Holzgerippe versteckt; aus Gründen der Wärmedämmung und des örtlichen Vorkommens.
Mit dem dänischen Handelsmonopol kamen ab 1600 aus Dänemark und Südskandinavien vorgefertigte und von dänischen Handwerkern errichtete Holzhäuser nach Island, die außen schwarz geteert wurden und nur die Türen und Fenster bunt gestrichen. Größeren Einfluß hatte jedoch das norwegische Fertighaus im neuromantischen, dem „Schweizer Stil“, das um 1900 von norwegischen Wal- und Heringsfischern mitgebracht wurde. Dieses wurde adaptiert, das Holz jedoch bald durch britisches Wellblech ersetzt, das günstiger zu bekommen und zudem wetterbeständiger war.
Nach einem Brand 1915 im Zentrum Reykjavíks wurden Holzhäuser aber in den Städten verboten, so daß – nach einem kurzen Intermezzo, aus gebrochenem Naturstein mit Zement vermauert Gebäude zu erstellen – in den zwanziger Jahren die Liebe der Isländer zum Beton entbrannte. Es war die erste Möglichkeit, dauerhafte Gebäude aus einheimischen Materialien zu erstellen. Beispiele sind die Hallgrímskirkja, weithin sichtbares Wahrzeichen Reykjavíks, oder die Uni Island, beide von Guðjon Samúelsson. Aus Gründen der Wetterbeständigkeit (neben der Sonne immer ein großes Thema in der isländischen Architektur) und des Wunsches , die rohe Wirkung des Betons zu mildern (können zumindest viele nicht-Architekten, die wir ja den Sichtbeton lieben, bestimmt verstehen), wurde isländisches Gestein, Quarz, Kalkstein und schwarzer Obsidian zusammen mit etwas Zeolithkristall in den Putz gemischt, der die Fassade zum glitzern brachte (siehe beispielsweise unsere Hausfassade zur Laufasvegur), die eines der Hauptmerkmale des isländischen Funktionalismus wurde (deswegen aber noch lange nicht schön!).
Reykjavik, das bis ins 20. Jahrhundert hinein ein Dorf war, besteht damit aus einer unterschiedlichsten Mischung aus Gebäuden: winzigen bunten Wellblechhäusern (die Dächer bestehen selbst bei heutigen Gebäuden eigentlich durchweg immer noch aus Wellblech) rot oder blau angestrichen, manchmal auch metallisch silbern belassen, villenartigen Vorstadthäusern, vielfach auch strahlend weiß verputzt – bestimmt ein Statussymbol – oder hässlichen siebzigerJahre-Klötzen, alles bunt durcheinander, und immer wieder der Ausblick zum Meer, dazwischen alte Omas in kleinen bunten Hexenhäusern, junge flachsblonde Isländerinnen in abartigen Leggins mit gefütterten Stiefeln und Miniröcken und junge Typen in Anzug und Krawatte – alles bunt gemischt. Und auf der vierspurigen Straße am Hafen (die nun wirklich kein Mensch braucht, weil da eh nichts los ist, aber da kommt man mit einem Isländer wohl auf keine gemeinsame Meinung) fühle ich mich immer wie in Fairbanks, Alaska, hohe, abweisende Hochhäuser mit Satteldächern, die Loggien mit Glasscheiben zu Wintergärten umfunktioniert, davor eine einsame Tankstelle, durch eine leere, breite Straße von der Bucht getrennt, hinter der sich hohe schneebedeckte Berge auftürmen.
Ach ja, erstaunlicherweise findet man hier auch kaum die Standardmetallgerüste, wie sie in Deutschland überall rumstehen, auf denen die Bauarbeiter rumspringen und die Fassade bauen, sondern es wird alles wie in Asien extra aus Holz zusammen geschraubt. Müsste man noch mal rausfinden, wieso das so ist, wo es doch eigentlich gar kein Holz auf Island gibt, wie wir gerade gelernt haben, und wenn, dann höchstens so verschrumpelte Birken, die ja nie wachsen können, weil immer Winter ist, außer jetzt, wo man als Deutscher schon im Pullover auf dem Austurvöllur sitzen kann; Isländer sehr viel spärlicher bekleidet).
Okay, das zum kurzen Abriß/Referat über isländische Architektur, vielleicht wars ja für irgendjemanden interessant… (die Informationen stammen zum Teil übrigens aus: Birgit Abrecht, architectural guide to iceland, Reykjavík 2000)
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1 Kommentar:
Ich fands interessant !
Ive
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