Samstag, 4. August 2007

Esja oder Der Windtest

„Die“ Esja (auf Isländisch: weiblich) ist Reykjavíks Hausberg und thront cirka 900 Meter hoch über der Bucht und der Stadt. Man sieht sie schon vom internationalen Flughafen in Keflavík aus am Horizont. Am Samstag war eigentlich ein sehr schöner warmer Tag, weshalb wir den Aufstieg endlich in Angriff nehmen wollten – wird ja nach drei Monaten auch langsam Zeit. Für einige Einwohner Reykjavíks (die nicht der Auto- und Fresssucht anheim gefallen sind) ist das ein beliebtes Feierabend- und Wochenendvergnügen. Der Aufstieg dauert etwa ein- bis anderthalb Stunden und belohnt mit einem Ausblick über die die ganze Halbinsel Reykjanesskagi. Für uns Wanderanfäger schien das also ein idealer Einstieg und Nils hat behauptet, es wäre recht locker…
Auf der Hinfahrt haben wir zwar eine große Wolke rund um den Gipfel erspäht, da ansonsten die Sonne schien, konnte uns das aber nicht schrecken. Als wir den Parkplatz erreichten, wehte uns aber schon ein kräftiges Lüftchen um die Nase. Hat uns das zu Denken gegeben? Natürlich nicht. Wir haben uns frisch und fröhlich an den Aufstieg gemacht. Die ersten beiden Etappen haben wir noch in sagenhaften zwölf Minuten bei leicht frischem Gegenwind gemeistert; dann kam der richtige Wind. Der Weg führt auf einem Grat auf vollkommen freiem Feld den Berg hinauf und mir kam es zwischenzeitlich so vor, als wollte sich die Bergin nicht wirklich besteigen lassen, denn vom Gipfel herunter wehten die Böen teilweise so stark, daß es uns fast von den Füssen gehoben haette. Von so einem Berg lassen wir uns allerdings nicht klein kriegen. Also ging es weiter hinauf, der Berg wurde steiler, der Wind immer stärker, die Muskeln fingen an zu ächzen, die Lungen an zu pumpen, als wären wir achtzig. Hat sich der Berg aber geschnitten, daß wir uns davon aufhalten lassen. Wir haben zwar mindestens zehn Pausen zwischendurch gemacht, aber wir haben ihn bezwungen! Auf dem Gipfel war es allerdings so frostig kalt, daß uns beim Eintrag ins „Buch der Gipfelbesteiger“ fast die Finger abgefroren sind. Da uns die Wolken auch noch die Sicht vernebelt haben, hieß es, nix wie runter da.
Dachten wir anfangs noch, der Abstieg wird leichter, hat uns die gute Esja eines besseren belehrt. Der Wind frischte noch mehr auf, und hätten wir unsere Jacken ausgebreitet, wären wir wohl den Hang hinabgesegelt. Um einer schmerzhaften Landung zu entgehen, haben wir jedoch eher angstrengt versucht, gegen den Rückenwind anzubremsen und überhaupt auf den Füssen zu bleiben. Nach schweißtreibenden 3:15 Stunden waren wir, glücklich noch auf unseren zitternden Beinen zu stehen, wieder am Auto. Aber wir haben den Berg bezwungen!
esja

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Haha, ihr müsst am gleichen Tag auf der Esja gewesen sein wie ich: Bei mir wars aber der 9.9. Unten harmlos Sonnenschein, oben plötzlich Nebel, Weind und Eiseskälte. Und dann musste ich tatsächlich zirka drei Meter vor der Spitze umkehren, weil ich einfach nix mehr sah und schon zweimal falsch gekraxelt war und mir das zu unheimlich war. Nach unten ging es relativ flott - hab mir bei den Isländern abgeschaut, wie: einfach laufen lassen, losrennen und hoffen, dass man nicht wegrutscht oder umknickt. Und am nächsten Tag einen tierischen Muskelkater haben.
Leider bin ich inzwischen wieder in München.
Viele Grüße
Petra